
Quentin Tarantino ist für das Kino, was Miles Davis für den Jazz ist – der „King of Cool”. Mit seinen Filmen „Reservoir Dogs” und „Pulp Fiction” erfand Tarantino das Kino Mitte der 90er Jahre praktisch neu und setzte damit ungekannte stilistische Maßstäbe. Seine Filme sprühen vor coolen Dialogen und überzeichneter Gewalt und machten aus dem ehemaligen Videothek-Angestellten einen der wichtigsten lebenden Hollywood-Regisseure überhaupt.
Als Drehbuchautor zeichnet er sich darüber hinaus für das Skript zu „True Romance” verantwortlich, zudem schrieb er die Handlung zu Oliver Stones „Natural Born Killers” – beide Filme zählen ebenfalls zu wahren Meilensteinen des 90er-Kinos. Dennoch wird das Gesamtwerk Tarantinos durchaus kritisch betrachtet. Der Vorwurf, der Regisseur habe bisher noch keinen eigenen Film gedreht, sondern sich aus all seinen Lieblingsfilmen stets nur das Beste herausgesucht, steht bis heute im Raum.
Steckbrief
Richtiger Name: | Quentin Jerome Tarantino |
Geburtstag: | 27. März 1963 |
Sternzeichen: | Widder |
Geburtsort: | Knoxville, Tennessee, Vereinigte Staaten |
Bekannt aus: | Pulp Fiction, Kill Bill, Inglourious Basterds, uvm. |
Die coolsten Zitate
Sure, Kill Bill’s a violent movie. But it’s a Tarantino movie. You don’t go to see Metallica and ask the fuckers to turn the music down.
Quentin Tarantino
When people ask me if I went to film school I tell them, ‘no, I went to films.
Quentin Tarantino
I loved history because to me, history was like watching a movie.
Quentin Tarantino
Die 5 besten Tarantino Filme
1. Pulp Fiction
Quentin Tarantino verflechtet drei Erzählstränge miteinander, die schon einzeln betrachtet derart abstrus und unterhaltsam sind, dass die darin auftauchenden Charaktere auch ohne die Top-Besetzung zweifellos mit ihren unvergleichlichen Eigenarten überzeugt hätten.
Pulp Fiction zeichnet ein amerikanisches Gangstermilieu mit klarer und von ganz eigener Moral durchwässerten Hierarchie, in der jeder Teilhabende seine spezifische Funktion erfüllt, vom Auftragskiller und Schuldeneintreiber über den Betrugsboxer bis hin zum professionellen Spurenbeseitiger (Harvey Keitel als Winston Wolf).
2. Django Unchained
Zunächst einmal eine gute Nachricht für Gelegenheitscineasten: Man muss sich weder mit Italowestern, der Blaxploitation-Bewegung oder Tarantinos Vorliebe für „Motiv-Plünderung“ auskennen, um mit „Django Unchained“ große Freude haben zu können. Der wilde Ritt durch den amerikanischen Süd-Westen könnte unterhaltsamer nämlich nicht sein und bietet Tarantino-typische Coolness und Kurzweiligkeit. So richtig an Gewicht gewinnt der Nachfolger von „Inglourious Basterds“ allerdings erst, wenn Querverweise auf Corbucci, Sollima und Co. erkannt und in Verbindung mit Klassikern des Blaxploitation-Kinos gesetzt werden.
Im Vergleich mit dem eher eigenständigen „Inglourious Basterds“ zündet Tarantino in „Django Unchained“ nämlich ein einziges Zitat-Feuerwerk, das selbst im bekanntlich zitatfreudigen Gesamtwerk des Regie-Titanen eine Ausnahmestellung einnimmt. Beinahe jede einzelne Szene (inklusive Film-Musik), beinahe jede einzelne Figur positioniert sich als Hommage und zaubert eingeweihten Cineasten ein wissendes Lächeln ins Gesicht.
In diesem Sinne muss „Django Unchained“ vielleicht sogar als Tarantinos bis hierhin ambitioniertestes Werk gelten. Angesichts der unzähligen, zumeist großartig inszenierten Anspielungen einen in sich geschlossenen, stimmig funktionierenden Film auf die Beine zu stellen, bedeutet schließlich eine Qualität, die mehr als beeindruckend anmutet.
Letztlich ist „Django Unchained“ nämlich keine bloße Aneinanderreihung von Film-Zitaten, sondern ein ungemein sehenswerter (und fantastisch besetzter!) Western, der Corbucci, Sollima und Co. ganz nebenbei ein (längst überfälliges) Denkmal für die Ewigkeit setzt. Gelegenheitscineasten wie Italowestern-Fans können sich demnach auf einen ganz großen Film freuen. Denn auch wenn „Pulp Fiction“ so langsam Staub ansetzt: Tarantino hat es immer noch drauf
3. Reservoir Dogs – Wilde Hunde
Eine Gruppe von sieben Verbrechern scheitert bei dem Versuch, einen ihnen aufgetragenen Juwelierraub durchzuführen, was in der Entführung und Folter eines Polizisten und dem Tod fast aller Protagonisten mündet.
An der Form der klassischen Tragödie orientiert, lässt Tarantino die Charaktere im Kampf gegen ihr Schicksal tiefer und tiefer verzweifeln, was allein durch ihren Tod auflösbar scheint.
Eine der Schlüsselszenen des Films, in der Mr. Blonde den Polizisten Marvin Nash (Kirk Baltz) zum Song „Stuck in the Middle“ foltert, zeigt in beängstigender Art und Weise den Abgrund menschlichen Verhaltens, setzt aber gleichzeitig mit der Ermordung Mr. Blondes durch Mr. Orange, der während der gesamten Folter bewusstlos auf dem Boden liegt, ein Gegengewicht. „Reservoir Dogs“ spielt mit Moral und deren Konsequenzen und wirkt dabei nie belehrend. Nicht nur für Tarantino-Fans ein Muss.
4. Inglourious Basterds
Tja. Da staunte man nicht schlecht, als das erste Mal bekannt wurde, Quentin Tarantino nehme sich einen Kriegsfilm vor. Heute wissen wir allerdings, dass „Inglourious Basterds“ so einiges ist, aber kein handelsübliches Kriegsgemälde. Zum Staunen ist Tarantinos sechster Kinofilm aber dennoch. Denn nach dem eher enttäuschenden „Death Proof“ hat sich der Kino-Innovator der 90er Jahre noch einmal berappelt und mit „Inglourious Basterds“ zum Ende des vergangenen Jahrzehnts einen raus gehauen. Mit ellenlangen, gewohnt pointierten Dialogen überlässt der „King of Cool“ nichts dem Zufall. Die Handlung um die Nazi-jagenden „Basterds“ tritt dabei weitestgehend in den Hintergrund. Vielmehr labt sich der Film an sich selbst und zieht sich genüsslich in die Länge – ohne dabei auch nur einen Funken Unterhaltungswert einzubüßen. „Inglourious Basterds“ dürfte angesichts der Handlungsarmut allerdings nicht für jeden geeignet sein. Der Film ist seit „Pulp Fiction“ nämlich Tarantinos größtes Abenteuer.
Damit der Film seine Betriebstemperatur erreichen kann, sei jedem dringend empfohlen, die englische Originalfassung anzuschauen. In der deutschen Fassung gehen nämlich die sprachlichen Eigenheiten der jeweiligen Figuren verloren, was in diesem Fall unweigerlich dazu führt, dass der Film seine spezielle Atmosphäre einbüßt. Und da schließlich diese Atmosphäre das größte Gut von „Inglourious Basterds“ ist, wirkt der Film in seiner synchronisierten Fassung seltsam blutleer. In diesem Sinne: Falls nötig, Untertitel einschalten – und genießen.
5. The Hateful Eight
Dass Quentin Tarantino neben unzähligen anderen filmischen Einflüssen in seinen Werken vor allem dem Stil des Italo-Western frönt, ist altbekannt und nicht erst seit „Django Unchained“ ein offenes Geheimnis. Ganze 21 Jahre nach „Pulp Fiction“ treibt es der Kult-Regisseur nun auf die Spitze und zeigt mit „The Hateful Eight“ seine ganz eigene Kammerspiel-Interpretation von Leone, Corbucci und Sollima. Da überrascht es nicht weiter, dass selbst Italo-Western-Legende Ennio Morricone seinen Vorruhestand unterbrach, um erstmals seit 1981 (!!!) wieder einen Western mit seinem Trademark-Score zu versorgen.
Fun-Fact: Neben unzähligen Genre-Anspielen geht die verschneite Western-Landschaft fraglos auf Sergio Corbuccis Meisterwerk „Leichen pflastern seinen Weg“ mit Jean-Louis Trintignant und Klaus Kinski in den Hauptrollen zurück.
Interessante Facts
Er ist zweifacher Oscar- und dreifacher Golden-Globe-Preisträger sowie Gewinner der Goldenen Palme der Internationalen Filmfestspiele von Cannes.
Der Drama-Krimi-Film Once Upon a Time in Hollywood aus dem Jahr 2019 ist der neuste Film von Quentin Tarantino.
Für Pulp Fiction erhielt Quentin Tarantino 1995 den Oscar für das beste Original-Drehbuch und 2013 für Django Unchained in der Kategorie Bestes Originaldrehbuch.
Filmografie: Alle Filme von Quentin Tarantino
Jahr | Titel | IMDb Rating | Im Stream auf |
1992 | Reservoir Dogs – Wilde Hunde | 8,3 | Netflix und Amazon Prime |
1994 | Pulp Fiction | 8,9 | |
1995 | Four Rooms | 8,7 | |
1997 | Jackie Brown | 7,5 | |
2003 | Kill Bill – Volume 1 | 8,0 | |
2004 | Kill Bill – Volume 2 | 8,0 | |
2007 | Death Proof – Todsicher | 7,0 | |
2009 | Inglourious Basterds | 8,3 | Netflix und Amazon Prime |
2012 | Django Unchained | 8,4 | Netflix und Amazon Prime |
2015 | The Hateful Eight | 7,8 | |
2019 | Once Upon a Time in Hollywood | 7,6 |
5 Dinge, die du noch nicht über Quentin Tarantino wusstest
1. Ein lehrreicher Fehlschlag
Mit dem Budget von 5000 Dollar, einer Handvoll Laiendarsteller und viel Begeisterung machte sich Quentin 1985 daran, seinen ersten Langfilm zu drehen. “My Best Friends Birthday” war als Komödie konzipiert und ließ insbesondere bei der Dialogstruktur das spätere Genie aufblitzen. Dennoch verlief das Wochend-Projekt vollkommen chaotisch und endete damit, dass die Hälfte der Filmrollen bei einem Garagenbrand vernichtet wurden. Tarantino sagte später, dass ihn diese Erfahrung lehrte, wie man Filme auf gar keinen Fall drehen sollte.
2. Gute Freunde in Schwierigkeiten
Der Episodenfilm “Four Rooms” entstand aus einer Schnapsidee, als sich Quentin mit drei weiteren Independent-Regisseuren zum Essen traf. Fast ebenso spontan verlief das Casting: Bruce Willis sicherte seinem Freund die Teilnahme zum Nulltarif zu, um das enge Budget nicht zu belasten. Die Schauspieler-Gewerkschaft SAG war damit gar nicht einverstanden – drohte mit Willis Ausschluss und strebte den Klageweg an. Man schloss letztlich einen Kompromiss, indem man seinen Namen aus dem Abspann entfernte.
3. Alles muss man selber machen
Der Meister übernimmt in fast jedem seiner Filme kleine Neben- oder Sprechrollen. Im alternativen Kriegsfilm “Inglorious Basterds” waren lediglich seine Hände zu sehen. Und zwar in der Szene, als Diane Krueger in Nahaufnahme erwürgt wurde. Zu zaghaft waren die Bewegungsabläufe des zuteilten Mitarbeiters, sodass Quentin kurzentschlossen selbst Hand anlegte. Der deutsche Hollywood-Export Krueger hielt dazu im Nachgang fest: “Es war eigenartig, vom Regisseur erwürgt zu werden.”
4. Ein Mann sieht rot
Das ursprüngliche Drehbuch zu “The Hateful 8” befand sich noch in der Ausarbeitung, als es gekleakt wurde und im Netz auftauchte. Quentin wetterte in der Folge gegen die um sich greifende Respektlosigkeit in der Branche und legte das Projekt für unbestimmte Zeit auf Eis. Seine ganze Aufmerksamkeit galt seinerzeit dem Bestreben, den Schuldigen zu enttarnen. Es gelang ihm letztlich nicht, sodass er den Skript komplett überarbeitete und seinen ganzen Zorn in der von Verrat und Misstrauen geprägten Handlung entlud.
5. Kill Kiddo
Das “Vega-Brothers-Projekt” bei dem John Travolta (“Pulp Fiction”) und Michael Madsen (“Reservoir Dogs”) ihre Rollen in einem Prequel wieder auferstehen lassen sollten, scheiterte am Widerstand der Darsteller. Vielleicht erhält Tarantino mit “Kill Bill” ja eine zweite Chance, einen seiner Filme fortzuführen. Schließlich lädt Uma Thurman in der Eröffnungsszene die Tochter ihrer Erzfeindin zu einer Konfrontation in 20 Jahren ein, wenn sie die Exekution ihrer Mutter bis dato nicht verarbeitet haben sollte. Der Stichtag dafür wäre 2023 und die Gerüchteküche brodelt gewaltig. So deutet vieles darauf hin, dass der Starregisseur sein Lebenswerk auf diese Art abschließen möchte.
Biografie: Bevor Tarantino berühmt wurde…
Tarantinos Karriere und Schaffen als Drehbuchautor
Quentin Tarantino ist dafür bekannt, bei seinen Filmen nicht nur auf dem Regiestuhl Platz zu nehmen, sondern auch das Drehbuch dazu zu verfassen. Anders wäre es auch kaum denkbar, denn der Autorenfilmer neigt dazu, seinen Darstellern teilweise tiefgründige und teilweise verrückt erscheinende Dialoge in den Mund zu legen.
Legendär ist diesbezüglich beispielsweise die Szene in “Pulp Fiction“, in der sich Samuel L. Jackson und John Travolta zuerst über Cheeseburger und anschließend über Fußmassagen bei Damen unterhalten, ehe sie seelenruhig ihren nächsten Auftragsmord durchführen.
Bereits für seinen ersten eigenen Film “Reservoir Dogs” schrieb Quentin Tarantino das Drehbuch, für das er anschließend mehrere renommierte Preise gewinnen konnte. Der große Durchbruch gelang ihm 1994 mit dem bereits erwähnten Film “Pulp Fiction”, für den er sogar den begehrten Oscar für das Beste Originaldrehbuch erhielt. Für darauffolgende Filme wie “From Dusk Till Dawn”, “Jackie Brown” oder “Kill Bill – Volume 1” und dessen Fortsetzung gab es hingegen keine Nominierungen für den begehrten Goldjungen, was wohl in erster Linie dem hohen Grad an Gewalt zu verdanken war – an den Kinokassen erfreuten sich Tarantinos Erzählungen hingegen immenser Beliebtheit.
2007 schloss sich Tarantino mit seinem guten Kumpel Robert Rodriguez zusammen, um dem Grindhouse-Schmuddelkino der 70er Jahre ein Comeback zu spendieren. Bei dem aus zwei Erzählungen bestehenden Double-Feature steuerte Tarantino den packenden Action-Thriller “Death Proof – Todsicher” bei, während Rodriguez den Action-Horrorfilm “Planet Terror” ergänzte. Aufgrund einer desaströsen Marketingkampagne entwickelte sich das Projekt jedoch zu einem gigantischen Flop, wenngleich vor allem Tarantinos Film bei den Kritikern relativ gut abschnitt.
Zurück in die Erfolgsspur fand Quentin Tarantino mit seiner Nazi-Persiflage “Inglorious Basterds“: Unter den insgesamt acht Nominierungen für den Academy Award war auch er selbst für das Beste Originaldrehbuch nominiert. Gewinnen konnte der Regisseur seinen zweiten Drehbuch-Oscar nach “Pulp Fiction” allerdings erst drei Jahre später für sein bildgewaltiges Sklaven-Drama “Django Unchained“, das auch als Bester Film nominiert war. Ein dritter Drehbuch-Oscar war dem Regisseur im Jahr 2019 eigentlich bereits sicher, bei der Verleihung musste sich “Once Upon a Time in Hollywood” jedoch dem südkoreanischen Überraschungs-Abräumer “Parasite” von Bong Joon-ho geschlagen geben.
Ein wenig aus der Reihe tanzt eine Handvoll Filme, für die Tarantino zwar das Drehbuch schrieb, letztendlich aber nicht Regie führte. So lieferte er das ursprüngliche Drehbuch für den Film “Natural Born Killers” und ein Jahr zuvor für “True Romance” ab, zudem zeigt er sich für einen Teil des Drehbuchs von “The Rock – Fels der Entscheidung” verantwortlich.